Politik

15 Jahre Hartz IV, kein Grund zum Feiern

Die Linke


(Quelle: Pixabay)
GDN - Am 01.01.2005 trat das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, umgangssprachlich auch Hartz IV genannt in Kraft.
Das SGB II ist das wohl am meisten veränderte Sozialgesetzbuch. In seinem 15-jährigen Bestehen wurde es per Gesetz bereits zehnmal, zum Teil grundlegend, verändert.
Diese Änderungen führten soweit, dass selbst der deutsche Richterbund bei der neunten Änderung des zweiten Sozialgesetzbuchs, der sogenannten Rechtsvereinfachung, von einem Sonderrecht gesprochen hat.
Jedoch ist nicht nur die Rechtslage des Systems Hartz IV prekär, sondern auch die Lebensumstände der Menschen die von ihm betroffen sind.
Der Regelsatz für einen alleinstehende Person beträgt im Jahr 2020 zwar 432 €, wäre er jedoch nach den gesetzlichen Vorgaben, und nicht politisch klein gerechnet worden, müsste er, nach der Berechnung des paritätischen Wohlfahrtsverbands, bei 582 € liegen.
Agi Schwedt, Mitglied im SprecherInnenrat der BAG Hartz IV meint dazu: “Die Regelsätze sind so berechnet, dass man von Ihnen überleben kann und die Armut der Betroffenen im Straßenbild nicht allzu auffällig ist. Zu mehr als zum Überleben reichen Sie jedoch nicht. Es ist für Leistungsberechtigte so gut wie unmöglich an einem ganz normalen Leben teilzunehmen.
Familiäre und soziale Kontakte brechen weg, und die Betroffenen vereinsamen. Dazu kommt noch die gesellschaftliche Verachtung, weil sich viele über ihre Erwerbsarbeit definieren und man hierzulande ohne Erwerbsarbeit nichts wert ist, und auch nicht wertgeschätzt wird.
Diese Mischung aus Geldmangel, Vereinsamung und mangelnder Wertschätzung führt dazu, dass viele Leistungsberechtigte sowohl psychisch wie auch physisch krank werden.“

Das System Hartz IV ist ursächlich für die Verarmung von weiten Teilen der Bevölkerung verantwortlich. Dies betrifft nicht nur die Leistungsberechtigten selbst. Es führt dazu, dass man jede Arbeit um jeden Preis annehmen muss. Dies hat dem Niedriglohnsektor und der prekären atypischen Beschäftigungsverhältnissen Tür und Tor geöffnet. Für die Gewerkschaften wird es immer schwerer, vernünftige Gehaltserhöhungen auszuhandeln.
In der Gesellschaft hat sich das Bild des Erwerbslosen gewandelt.
Waren Erwerbslose früher Menschen, die keine Erwerbsarbeit hatten und denen man helfen musste, findet man heute im Duden Begriffe wie “hartzen“ und folgende Definition zu dem Begriff: “〈in übertragener Bedeutung:〉 gestern Abend war ich nur am Hartzen (konnte mich zu keiner Arbeit, Tätigkeit überwinden)“.
Dieses Beispiel zeigt, dass die Propaganda, dass sich Leistungsberechtigte “dem Recht auf Faulheit“ in der “sozialen Hängematte“ in “spätrömischer Dekadenz“ ihres Lebens erfreuen können, in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
Ingo Meyer Mitglied im SprecherInnenrat der BAG Hartz IV äußert sich dazu wie folgt: “In den letzten 15 Jahren, hat sich unsere Gesellschaft dazu entschlossen, Erwerbslose auszugrenzen, da ihnen von den Medien vermittelt wird, dass Erwerbslose nicht arbeiten wollen, obwohl sie arbeiten könnten.
Dies entspricht natürlich nicht den Tatsachen, da selbst die Bundesagentur für Arbeit in einer Studie festgestellt hat, dass Erwerbslose höher motiviert sind eine Stelle anzutreten als erwerbstätige.
Dabei wird ganz vergessen, dass viele Menschen die im Leistungsbezug sind arbeiten, aber von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, und Leistungen quasi als Lohnersatzleistungen in Anspruch nehmen müssen.“


Da das System Hartz IV, in den letzten Jahren immer mehr in die Kritik gekommen ist, und selbst von der sPD und den Grünen nur noch halbherzig verteidigt, oder mittlerweile abgelehnt wird, bleibt zu hoffen, dass dieses System seinen 20. Geburtstag nicht mehr feiern wird.
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